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CEO Voices – Interview mit Isabelle Le Bot CEO von La France Mutualiste
Nov 26, 2025 CEO Voices , Interview , CEO voices




“Wir müssen uns bewusst machen, dass die neuen Algorithmen bestimmte Formen der Diskriminierung verstärken können.”

Über Isabelle Le Bot

Isabelle Le Bot ist eine erfahrene Führungskraft im Versicherungssektor. Derzeit ist sie Geschäftsführerin von La France Mutualiste, Direktorin für Sparprodukte bei der Malakoff-Humanis-Gruppe sowie Vorsitzende des Aufsichtsrats von Unofi. Sie ist bekannt für ihre Fähigkeit, Veränderungen umzusetzen und eine Kultur der Verantwortung in Teams zu fördern. Dabei verbindet sie strategisches Denken mit einem tiefen Verständnis für das sich wandelnde Kundenverhalten - insbesondere im Hinblick auf die Benutzererfahrung (UX). Als Expertin für die operativen Aspekte von Versicherungen, Digitalisierung und Marketing spielt sie eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung moderner Geschäftsmodelle, die auf soziale und ökologische Herausforderungen reagieren.

 

Über La France Mutualiste

La France Mutualiste ist die individuelle Sparvereinigung der Malakoff-Humanis-Gruppe. Mit mehr als 130 Jahren Erfahrung hat sie sich zum Ziel gesetzt, allen Französinnen und Franzosen den Aufbau solider Ersparnisse sowie die Vorbereitung auf den Ruhestand zu ermöglichen. Im Jahr 2024 erzielte die Versicherungsgesellschaft bemerkenswerte Ergebnisse: 665,6 Millionen Euro Umsatz und eine Solvabilitätsquote von über 250 %, was ihre finanzielle Stabilität und das Vertrauen ihrer 226.599 Mitglieder unterstreicht. La France Mutualiste basiert auf den Werten Solidarität, Transparenz und Nähe. Ihre ehrgeizige Politik des verantwortungsvollen Investierens verbindet finanzielle Ziele mit positiven Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt.

Zusammenfassung 

Die Digitalisierung ist eine transformative Kraft im Versicherungssektor, die nahtlose Omnichannel-Erlebnisse ermöglicht und Kunden den Echtzeitzugriff auf Finanzprodukte ermöglicht. Globale Herausforderungen müssen durch verantwortungsbewusste Investitionen und Initiativen zur finanziellen Bildung angegangen werden. Zukünftige Umbrüche werden durch KI und den massiven Vermögenstransfer geprägt sein. Dabei ist besondere Wachsamkeit geboten, um algorithmische Verzerrungen zu verhindern und gesellschaftliche Inklusion sicher zu stellen.

Questions from Marcin Pluta, co-founder of Sollers Consulting,
to Isabelle Le Bot – CEO of La France Mutualiste

 

Marcin Pluta: Die letzten 25 Jahre: Was waren die wichtigsten technologischen Entwicklungen im Versicherungssektor in den letzten 25 Jahren und wie haben sie sich auf die Aktivitäten von La France Mutualiste ausgewirkt?

 

Isabelle Le Bot: Seit Anfang der 2000er Jahre hat die Digitalisierung den Versicherungssektor grundlegend verändert - insbesondere im Bereich der Finanz- und Vorsorgeprodukte. Online-Plattformen und elektronische Signaturen haben den Abschluss und die Verwaltung von Verträgen deutlich vereinfacht und Investitionen für viele zugänglicher gemacht. Das sind hervorragende Nachrichten für Anleger, die dadurch autonomer agieren und vor allem besser über Anlagestrategien informiert sind. Sie können nun die Wertentwicklung ihrer Verträge verfolgen und ihre Anlagen in Echtzeit anpassen.

 

Diese digitale Revolution hat auch neue, vollständig digitale Marktteilnehmer hervorgebracht und traditionelle Versicherer dazu veranlasst, ihre Kundenbeziehungen im Sinne von mehr Transparenz und Flexibilität neu zu denken. Digitale Tools in Kombination mit Datenanalysen ermöglichen eine personalisierte Beratung und ein tieferes Verständnis der Anlegerprofile. [1]

 

Vor diesem Hintergrund haben wir bei La France Mutualiste einen Omnichannel-Ansatz entwickelt, der allen potenziellen Kunden - unabhängig vom gewählten Kommunikationskanal - ein personalisiertes und nahtloses Erlebnis bietet. Interessenten können reibungslos und ohne Informationsverlust von einem Kanal zum anderen wechseln: vollständig digital, persönlich oder per Telefon. Unser Ziel ist es, unseren kommerziellen Ansatz zu modernisieren und zu stärken. Zusätzlich zum vollständig digitalen Angebot stehen Berater weiterhin zur Verfügung, insbesondere um Mitglieder und Interessenten telefonisch bei Schwierigkeiten mit digitalen Tools zu unterstützen. Und das ganz ohne vorherige Investition. Das Modell ist rein egalitär und in seiner Form einzigartig am Markt.

"Digitale Tools in Kombination mit Datenanalysen ermöglichen eine personalisierte Beratung und ein tieferes Verständnis der Anlegerprofile."

Marcin Pluta: Aktuelle Herausforderungen: Die Welt steht derzeit vor zahlreichen geopolitischen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen. Welche davon halten Sie aus Ihrer Sicht für besonders Relevant und wie gehen Sie damit um?

 

Isabelle Le Bot: Sie haben Recht – die Welt steht derzeit vor großen geopolitischen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen. Als engagierter Akteur muss La France Mutualiste, Teil der Malakoff Humanis-Gruppe, zu den nationalen Bemühungen in diesen Bereichen beitragen und Lösungen für die Sicherheit künftiger Generationen anbieten.

 

Der demografische Wandel und der bevorstehende massive Vermögenstransfer werden das wirtschaftliche und soziale Gleichgewicht grundlegend neu gestalten. Die Alterung der Bevölkerung und der Vermögenstransfer erfordern eine Anpassung unserer Sparprodukte, um unsere Mitglieder nachhaltig bei der Vorbereitung und Sicherung ihrer finanziellen Zukunft zu unterstützen.

 

Im Dezember dieses Jahres jährt sich die Ratifizierung des Pariser Abkommens [1] zum zehnten Mal - und der ökologische Wandel bleibt eine große Herausforderung, bei der die Finanzakteure eine entscheidende Rolle spielen. Der ökologische Wandel erfordert eine Umleitung des Kapitals in verantwortungsvolle Investitionen. In diesem Zusammenhang engagiert sich La France Mutualiste stark, indem wir einen zunehmenden Teil unserer Portfolios in Impact-Fonds investieren und damit die Dekarbonisierung der Wirtschaft und den Erhalt der biologischen Vielfalt fördern.

 

Nicht zuletzt ist die nationale Souveränität eine zentrale Herausforderung im aktuellen geopolitischen Kontext, die für die Sicherung des Friedens für künftige Generationen von entscheidender Bedeutung ist. La France Mutualiste misst diesem Thema aufgrund seiner historischen Verbindung zur Welt der Veteranen besondere Bedeutung bei. Wir leisten einen Beitrag, indem wir strategische Projekte wie unsere Investition in den Fonds Sienna Hephaistos unterstützen, der europäische KMU und mittelständische Unternehmen im Verteidigungsbereich fördert.

Marcin Pluta: Die nächsten 25 Jahre: Welche Veränderungen werden in Zukunft den größten Einfluss auf den Versicherungssektor haben? Was erwarten Sie für die Aktivitäten von La France Mutualiste? Welche Rolle werden technologische Fortschritte wie KI, IoT und Quantencomputing spielen?

 

Isabelle Le Bot: Ich sehe zwei zentrale Entwicklungen, die den Versicherungssektor - insbesondere die Vorsorgeprodukte - in den nächsten 25 Jahren neu definieren werden.

 

Es wird erwartet, dass die technologische Beschleunigung durch künstliche Intelligenz traditionelle Modelle revolutionieren wird. Diese Fortschritte bringen jedoch auch ethische Risiken mit sich, insbesondere im Zusammenhang mit algorithmischen Verzerrungen, die zu Diskriminierung bei Auswahlprozessen oder Preisgestaltung führen könnten. Die Herausforderung besteht darin, eine verantwortungsvolle und transparente KI zu gewährleisten. Richtig eingesetzt kann künstliche Intelligenz unseren Mitgliedern einen echten Mehrwert bieten, indem sie durch eine erweiterte Beratung die Kundenbeziehung gezielt verbessert.

 

Ein Wort auch zu dem bevorstehenden massiven Vermögenstransfer. Bis 2040 werden in Frankreich aufgrund der Alterung und des Ablebens der Babyboomer-Generation 9 Billionen Euro an Vermögen übertragen werden. [MM2] Finanzielle Bildung wird dann zu einem entscheidenden Thema für diejenigen, die von diesem Geldsegen profitieren, um fundierte finanzielle Entscheidungen treffen zu können. In der französischen Bevölkerung bestehen in diesem Bereich noch erhebliche Wissenslücken. Als genossenschaftlicher organisierter Akteur sehen wir es als unsere Aufgabe, finanzielle Bildung zu fördern und anzubieten. Das Ziel ist es, die französischen Ersparnisse zu vermehren und sie gleichzeitig in nachhaltige Investitionen zu lenken.

"Bis 2040 werden in Frankreich aufgrund der Alterung und des Ablebens der Babyboomer-Generation 9 Billionen Euro an Vermögen übertragen werden."

Marcin Pluta: In Ihrer gemeinsam mit La France Mutualiste durchgeführten Studie “Comportement des Français vis-à-vis de l’épargne” (Verhalten der Franzosen in Bezug auf Ersparnisse) weisen Sie darauf hin, dass junge Menschen, Frauen und benachteiligte sozio-professionelle Gruppen nach wie vor mit erheblichen Hindernissen beim Zugang zu bestimmten Sparprodukten -  etwa Lebensversicherung oder Altersvorsorge - konfrontiert sind. Welche konkreten Maßnahmen planen Sie in diesem Zusammenhang, um Versicherungen für alle zugänglicher zu machen? Sehen Sie den Einsatz digitaler oder algorithmischer Tools als Chance, Vorurteile (in Bezug auf Alter, Geschlecht, Vermögen, Wohnort) abzubauen, oder eher als Hindernis für die Inklusion? 

 

Isabelle Le Bot: Tatsächlich ist die Kluft zwischen Männern und Frauen beim Sparen und Investieren nach wie vor besorgniserregend, wie unsere Studie mit BPI France Le Lab anlässlich des 60. Jahrestags der finanziellen Unabhängigkeit von Frauen zeigt. Frauen verdienen oft weniger, investieren weniger und werden allzu oft als Konsumentinnen statt als Investorinnen wahrgenommen. Junge Menschen stehen vor einer doppelten Herausforderung: Kaufkraftverlust und Schwierigkeiten beim Zugang zu Wohnraum. 

 

Vor diesem Hintergrund habe ich einen Aufruf zur finanziellen Inklusion gestartet, um Sparen und Investitionen für alle zugänglich zu machen. Dazu gehören eine verbesserte finanzielle Bildung von klein auf, eine größere Datentransparenz und der Austausch von bestehenden Lücken durch die Marktakteure. Diesen Ansatz verfolgen wir auch mit der von Ihnen erwähnten Studie, die gemeinsam mit Aurélie Jean, Doktorin der Naturwissenschaften, Unternehmerin und Autorin mit Spezialisierung auf algorithmische Modellierung, durchgeführt wurde. Es ist an der Zeit, die finanzielle Inklusion zu einer nationalen Angelegenheit zu machen, damit alle französischen Bürger, unabhängig von Alter und Geschlecht, die gleichen Möglichkeiten zum Sparen und Investieren erhalten. 

 

Was den Einsatz von KI angeht, müssen wir meiner Meinung nach anerkennen, dass die neuen algorithmischen Technologien manchmal bestimmte Formen der Diskriminierung verstärken können. Es besteht daher eine zusätzliche Pflicht zur Wachsamkeit, um sicherzustellen, dass sie unsere Bemühungen um finanzielle Inklusion nicht untergraben. 

Marcin Pluta: Welche konkreten Synergien erwarten Sie durch die Fusion von La France Mutualiste und Malakoff Humanis für die Kunden – in Bezug auf Produkte (Sparen, Altersvorsorge), Preise und Dienstleistungen? Sehen Sie Technologie als Hebel, um diese Synergien zu fördern?

 

Isabelle Le Bot: In der Tat gibt es zahlreiche konkrete Synergien. Ein Beispiel: Bei der Einführung unserer Omnichannel-Plattform, die bereits zuvor in diesem Interview erwähnt wurde, haben wir uns speziell an die Kunden von Malakoff Humanis gewandt. Diese Schnittstelle ist ein echter Synergievermittler: Sie ermöglicht es potenziellen Kunden einen personalisierten und nahtlosen Abschlussprozess zu durchlaufen. Auf dem Markt ist unsere Omnichannel-Plattform nach wie vor hochinnovativ - ein schlüsselfertiges Tool, das Synergien mit unseren verschiedenen Partnern ermöglicht.

 

Die Fusion mit der Gruppe ermöglicht uns neue Möglichkeiten, verschiedenen Strategien zur Generierung von Leads zu verfolgen, indem wir alle unsere Vertriebskanäle nutzen. Mit dem richtigen Vergütungsmodell lassen sich Brücken schlagen, um die Einführung mehrerer Geräte zu erleichtern.

 

[1] Das Pariser Abkommen ist ein 2015 verabschiedeter globaler Vertrag, der darauf abzielt, den Klimawandel durch die Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu begrenzen und die globale Erwärmung deutlich unter 2 °C, idealerweise unter 1,5 °C, zu halten.

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