„Generative KI wird die Branche nachhaltig prägen“
„Generative KI wird die Branche nachhaltig prägen“
Seit Andrew Hortons Amtsantritt bei QBE im September 2021 hat das Versicherungsunternehmen einen Weg der organisatorischen und infrastrukturellen Modernisierung eingeschlagen. Vor seinem Wechsel zu QBE war Horton 18 Jahre lang für Beazley tätig gewesen, 12 Jahre davon als CEO. Davor hatte er bei der Lloyds Bank, ING und NatWest gearbeitet. Er verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Versicherungs- und Bankenbranche und gilt als integrativer und kooperativer Manager, der einen starken Fokus auf Risiken, Kultur und Beziehungen legt.
Die QBE Insurance Group mit Sitz in Sydney gehört zu den weltweit größten Versicherungsgesellschaften und ist in den USA, Großbritannien, Australien und 23 weiteren Ländern tätig. Seit 2021 hat QBE die Konsistenz und Widerstandsfähigkeit seines Geschäfts weiter ausgebaut.
Investitionen in neue Technologien sind zu einem wesentlichen Bestandteil der Strategie des Unternehmens geworden. Der Versicherer treibt den Einsatz von KI voran, um die Effizienz weiter zu steigern.
Die Versicherungsbranche steht vor grundlegenden Veränderungen, sagt Andrew Horton. Auslöser dafür sind externe Faktoren wie steigende Kundenerwartungen, Herausforderungen durch den Klimawandel und sich rasch entwickelnde Technologien. Horton ist überzeugt, dass generative KI und die zunehmende Leistungsfähigkeit von Cloud Computing die Branche, einschließlich QBE, verändern werden. Versicherer würden zunehmend zu Partnern ihrer Kunden bei der Risikoprävention und -minderung werden, sagt er.
Michał Trochimczuk: Rückblick auf die letzten 25 Jahre – Welche technologischen Entwicklungen waren für die Versicherungsbranche in diesem Zeitraum besonders prägend, und welche Auswirkungen hatten sie auf das Geschäft von QBE?
Andrew Horton: Die Versicherungsbranche basiert auf fundierten Erkenntnissen – auf dem tiefgehenden Verständnis der Welt sowie der Herausforderungen, denen unsere Kundinnen und Kunden gegenüberstehen. Traditionell fungiert die Versicherung als letzte Absicherung gegen unvorhersehbare Ereignisse. Die rapide Zunahme verfügbarer Daten, Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz – insbesondere der generativen KI – sowie die stetig wachsende Leistungsfähigkeit des Cloud Computings haben jedoch sowohl unsere Branche als auch QBE grundlegend verändert. Bei sachgemäßer Implementierung ermöglichen diese Technologien eine schnellere und präzisere Reaktion auf die Bedürfnisse von Kundinnen, Kunden und Maklern.
Sie stärken unsere Underwriting-Kompetenzen, verbessern das Risikomanagement und steigern die Gesamtperformance. Cloud-basierte Plattformen, die den gesamten Versicherungslebenszyklus – von der Policierung bis zur Schadenbearbeitung – abdecken, haben die Betriebskosten gesenkt, die Abhängigkeit von veralteter Technologie reduziert und es Unternehmen wie QBE ermöglicht, neue Funktionalitäten ohne infrastrukturellen Mehraufwand zu integrieren. Für QBE bedeuten diese Entwicklungen unter anderem eine gesteigerte Flexibilität, verkürzte Innovationszyklen und eine nachhaltige Effizienzsteigerung.
Michał Trochimczuk: Aktuelle Herausforderungen – Die Welt sieht sich derzeit mit zahlreichen geopolitischen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen konfrontiert. Welche davon sind aus Sicht von QBE besonders relevant und wie begegnen Sie diesen?
Andrew Horton: Wir erleben derzeit eine Phase erhöhter globaler Unsicherheit, die sowohl unsere Branche als auch unsere Kundschaft betrifft. Wir rechnen mit anhaltenden Herausforderungen in einem sich wandelnden Umfeld, das durch Inflationsdruck, sicherheitspolitische Spannungen in verschiedenen Regionen, Umweltgefahren und wirtschaftliche Instabilität geprägt ist. Unser übergeordnetes Ziel, eine widerstandsfähigere Zukunft zu ermöglichen, bleibt dabei unser Leitmotiv. Neue Datenkapazitäten – insbesondere im Bereich von Wetter-, Cyber- und Arbeitsunfallrisiken – versetzen QBE in die Lage, Produkte kontinuierlich weiterzuentwickeln, um auf das sich dynamisch verändernde Risikoumfeld zu reagieren. Durch groß angelegte Datensysteme können wir gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden an Risikolösungen arbeiten, um deren Risikoprofile besser zu verstehen und ihre Versicherbarkeit langfristig zu sichern. Unsere Investitionen in Unternehmen wie Geosite und Tensorflight ermöglichen es uns beispielsweise, bei Naturkatastrophen wie tropischen Wirbelstürmen schneller und gezielter zu reagieren.
„Die explosionsartige Zunahme von Daten, Fortschritte der KI und die zunehmende Leistungsfähigkeit von Cloud verändern die Branche und QBE grundlegend.“
Michał Trochimczuk: Ausblick auf die nächsten 25 Jahre – Welche Entwicklungen werden die Versicherungsbranche künftig maßgeblich beeinflussen? Welche Veränderungen erwarten Sie konkret für QBE?
Andrew Horton: In den kommenden 25 Jahren werden technologische Innovationen, sich wandelnde Klima- und Wetterbedingungen sowie steigende Kundenerwartungen die Versicherungsbranche grundlegend transformieren. Besonders die generative KI wird die Branche nachhaltig prägen, da sie in der Lage ist, komplexe Informationen in unterschiedlichsten Formaten zu verarbeiten und erhebliche Effizienzgewinne zu ermöglichen – ganz im Sinne der Erwartungen von Markt und Kundschaft. Gleichzeitig gewinnen wir durch Echtzeitdaten und vernetzte Systeme tiefere Einblicke. Wir rechnen mit einem stärkeren Fokus auf risikobasierte, datengetriebene Prozesse sowie einem wachsenden Bedarf an innovativen Lösungen, Dienstleistungen und Versicherungsprodukten, die QBE bereitstellen wird.
Unsere Investitionen in KI-Technologien erfolgen gezielt im Einklang mit unserer langfristigen Unternehmensstrategie. Dabei konzentrieren wir uns auf zentrale Herausforderungen und Chancen, um schnell und effektiv zu agieren und gleichzeitig die richtigen Rahmenbedingungen für QBE zu wahren. Wir sehen Versicherer zunehmend als Partner in der Risikoprävention und -minderung.
Michał Trochimczuk: Welche Innovationsfelder – technologisch und darüber hinaus – stehen derzeit im Fokus von QBE? Welche Rolle spielen dabei Entwicklungen wie KI, IoT oder Quantencomputing?
Andrew Horton: QBE investiert kontinuierlich in digitale, cloudbasierte und KI-gestützte Fähigkeiten, um das Kerngeschäft zu modernisieren und gleichzeitig gezielt neue Wachstumsfelder zu erschließen. Unser Schwerpunkt liegt auf dem Einsatz von KI und fortschrittlicher Analytik zur Verbesserung der Risikobewertung, des Underwritings, der Portfolio-Performance sowie der Schadenbearbeitung und Kundenservices. Ziel ist es, unsere Risikomodelle zu optimieren und marktführende Produkte anzubieten. KI-gestützte Tools steigern bereits heute die Geschwindigkeit und Genauigkeit von Underwriting-Entscheidungen. Unser erster großflächiger Einsatz im Bereich Cyber-Underwriting wurde branchenweit anerkannt. Wir sehen großes Potenzial in IoT- und sensorbasierten Lösungen, insbesondere zur aktiven Schadenprävention im Bereich der Personenversicherungen. Quantencomputing befindet sich zwar noch in der Entwicklungsphase, birgt jedoch das Potenzial für revolutionäre Risikoanalysen und eine verbesserte Unterstützung unserer Kundschaft in kritischen Momenten – etwa beim Schutz sensibler Daten.
Michał Trochimczuk: QBE arbeitet über seinen Venture-Capital-Arm QBE Ventures mit verschiedenen InsurTechs zusammen. Welche Rolle werden solche Partnerschaften künftig spielen, und welche Innovationsbereiche sind für QBE besonders interessant?
Andrew Horton: Die Zusammenarbeit mit InsurTechs über QBE Ventures ist ein zentraler Bestandteil unserer Innovationsstrategie. Sie unterstützt sowohl die Modernisierung unseres Kerngeschäfts als auch unsere Wachstumsambitionen in neuen Risikokategorien, in denen QBE einen Mehrwert bieten kann. Als proaktiver, wissensbasierter Versicherer setzt QBE verstärkt auf Technologie, um Risiken zu managen und präventive Lösungen anzubieten. Besonders spannend sind für uns Entwicklungen in den Bereichen KI-gestützte Cyberversicherung, Sicherheit im Kontext von KI, technologiegestützte Risikoinnovationen sowie parametrische Versicherungsmodelle. Die Zusammenarbeit mit Start-ups ermöglicht es uns, schnell zu experimentieren, gemeinsam innovative Lösungen zu entwickeln und modernste Technologien zu nutzen. Damit reagieren wir auf zentrale Herausforderungen der Branche, werden den sich wandelnden Anforderungen unserer Kundschaft gerecht und steigern die Effizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette.