Home » Insights » Schadenautomatisierung: Schnelle Antworten auf schnelle Anforderungen
Schadenautomatisierung: Schnelle Antworten auf schnelle Anforderungen
Mai 08, 2025 Schadenautomatisierung , Artikel , Versicherung

Die Bafin-Anforderungen zur Schadenregulierung können mit sorgfältiger Prozessanalyse und Teilautomatisierung erfüllt werden

 

Die Bafin fordert von Versicherern, dass sie Standard-Schäden innerhalb eines Monats regulieren. Für Kunden ist Schnelligkeit bei der Schadenregulierung wichtiger als die eigentliche Höhe der Schadenzahlung. Durch Workflow Automation durch Einsatz von Camunda und anderen Lösungen können Versicherer mit vergleichbar geringem Aufwand in diesem Bereich große Fortschritte machen.

 

In einem am 11. April veröffentlichten Rundschreiben fordert die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) Versicherer dazu auf, Standard-Schäden innerhalb eines Monats zu regulieren. „In den letzten Monaten haben die BaFin zahlreiche Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern über sehr lange Bearbeitungszeiten von Leistungsanträgen erreicht“, begründet die Bafin diesen Schritt. Danach präzisiert die Aufsichtsbehörde: „Die BaFin geht unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung davon aus, dass in durchschnittlich gelagerten Versicherungsfällen die notwendigen Erhebungen nach Ablauf eines Monats seit der Anzeige des Versicherungsfalls abgeschlossen sind, vorausgesetzt der Versicherungsnehmer ist seinen Mitwirkungsobliegenheiten vollumfänglich nachgekommen.“

Trend zur Automatisierung wird stärker

In der Versicherungsbranche herrscht die Ansicht vor, dass Schadenregulierung eine Sache ist, die in direktem menschlichen Kontakt erfolgen muss. Tatsächlich zeigen Umfragen, die Sollers Consulting zusammen mit Ipsos durchgeführt hat, dass bei der Schadenregulierung der menschliche Faktor wichtig ist, wichtiger als beim Abschluss einer Versicherung. Doch Versicherer übersehen dabei, dass maschinelle Unterstützung und Automatisierung diesen menschlichen Kontakt erst ermöglichen. Wenn ein Schadensachbearbeiter sich durch unzählige und umfangreiche Bedingungswerke arbeiten muss, hat er keine Zeit, sich um seine Kunden zu kümmern.

 

Schon vor der Veröffentlichung des Bafin-Rundschreibens haben die Versicherer in Deutschland das Problem erkannt und Maßnahmen ergriffen. Automatisierung und Schaden stehen auf der Liste der gesuchten Kompetenzen in den IT-Abteilungen ganz oben. Während die Zahl der offenen Stellen im IT-Bereich zurückgeht, werden Spezialisten in der Automatisierung für den Schadenbereich verstärkt gesucht. Die Schadenregulierung ist der wichtigste Bereich für neue Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz (KI). In Deutschland fokussiert man sich bei KI-Anwendungen vor allem auf Betrugsbekämpfung, andere interessante Einsatzgebiete für KI wie beispielsweise Triage und Regress werden hingegen vernachlässigt.

Versicherungstrends 2025 - Bericht von Sollers Consulting

  • Daten aus 16 Märkten, einschließlich Nord- und Südamerika, Europa und Asien
  • Interviews mit Führungskräften der Branche: ausführliche Gespräche mit Führungskräften und Fachleuten aus der Versicherungsbranche;
  • 90% Genauigkeit für unseren vorherigen Bericht insurance trends report
widget image

Es geht auch ohne künstliche Intelligenz

Aber es muss nicht gleich eine KI-Anwendung sein, um bei der Automatisierung der Schadenbearbeitung voranzukommen. Am Anfang steht die sorgfältige Analyse bestehender Geschäftsprozesse, eventuell verbunden mit einem Neudesign dieser Abläufe. In der Umsetzung ist die Steuerung des Inputsmanagement der erste Schritt, verbunden mit einer Segmentierung in Mikroprozesse. Dann kann damit begonnen werden, einzelne Mikroprozessen wie zum Beispiel die Anfrage von fehlenden Dokumenten, Werkstattbeauftragung, Statusupdates zu automatisieren.

 

Durch das Zusammensetzen von vielen automatisierten Einzellösungen für unterschiedliche Funktionalitäten entsteht schrittweise die Vollautomatisierung. In Deutschland unterstützt Sollers Versicherer bei der Automatisierung von Glasschäden, der Vereinfachung der Schadenmeldung, Dokumentenerkennung und Bearbeitung bei strukturierten Daten, bei der Neudefinition von Geschäftsprozessen und ihrer automatisierten Auslösung, bei der automatisierten Weiterleitung, bei der Verwaltung eigehender Zahlungen und bei der Teilautomatisierung von Regressen. Eine große Rolle spielt dabei die Orchestrierung automatisierter Einzellösungen mit Hilfe von Workflow-Systemen wie Camunda.

 

Dazu ein Beispiel: In einem bedeutenden Projekt bei Polens zweitgrößtem Versicherer, Warta, ist es gelungen, die Produktivität der Schadensachbearbeiter zu verdoppeln. Der gesamte Schadenprozess wurde zunächst in Mikroprozesse aufgegliedert. In der ersten Projektphase wurden 50 dieser Mikroprozesse mit Hilfe von Camunda BPMs automatisiert und dann in das Schadensystem integriert. Zusammenfassend kann man sagen, dass es für den Erfolg in solchen Projekten zentral ist, einer Gesamtsicht auf den Prozess zu folgen mit dem Ziel der Vollautomatisierung.

Themen in IT-Stellanzeigen (Januar-März 2025): Relevanz indiziert

job vacancy data

Industrialisierung der Schadenbearbeitung

In Projekten mit französischen Versicherern geht es um die Schadenanlage, Dokumentenerzeugung und Kundenkommunikation. In Großbritannien wird künstliche Intelligenz bei der Schadenmeldung und bei der Betrugsprävention eingesetzt. Schadenschätzungen in der Krankenversicherung werden automatisiert. In Polen geht es in aktuellen Projekten um automatisierte Schadensegmentierung, Kundeninformation und Reparaturannahme. In einem ambitionierten Projekt hat ein polnischer Versicherer seinen Schadenprozess weitestgehend automatisiert. Aktionen und Entscheidungen werden von Algorithmen bewerkstelligt, der Mensch überwacht den Prozess. Damit kommt der Versicherer der Realität in modernen Produktionsanlagen nahe. Er erreicht dadurch eine drastische Reduzierung von Arbeitsaufwand. Gleichzeitig beschleunigt er die Regulierung bis hin zur Real Time Schadenbearbeitung.

 

All dies erreicht man nicht mit einem Big Bang Projekt, sondern durch kontinuierliche Arbeit. Wichtig ist dabei, dass man zielgerichtet vorgeht, die Schadenbearbeitung in Prozessblöcke aufgliedert und in Mikroprozesse unterteilt. Ziel ist es, die Mikroprozesse mit dem größten Potenzial zu identifizieren und zu automatisieren. Oft sind es kleine Schritte der Projektteams, die das Unternehmen nach vorne bringen. Wenn man dabei das große Ganze nicht aus dem Auge verliert und siloartige Lösungen konsequent vermeidet, dann ist man auf dem Weg zum vollautomatischen Versicherer einen großen Schritt weitergekommen.

Autor des Artikels

 

Lennart imorde profile picture

 

Lennart Imorde - Leiter der Prozessautomatisierung bei Sollers Consulting